Die neun Flaschen stehen alle in einer Reihe. Nacheinander ploppen die Korken – beim Crémant, Champagner und Prosecco sowie beim deutschen Sekt. Lena Schenk (25), einst die jüngste Sommelière Bayerns, füllt die Gläser, riecht, probiert, urteilt. „Viele glauben, der Unterschied zwischen den Schaumweinen liegt nur im Preis“, sagt sie, „aber Qualität erkennt man nicht am Etikett, sondern im Glas und mit allen Sinnen.“
Die vier Klassiker der Schaumweinwelt verbindet auf den ersten Blick das Prickeln, doch ihr Wesen ist grundverschieden.
- Prosecco aus Norditalien (meist aus der Glera-Traube) wird fast immer im Tank vergoren – im Unterschied zur Flaschengärung bei Qualitäts-Sekt, Crémant und Champagner. „Diese Methode bringt feinere, länger anhaltende Kohlensäureperlen, die sogenannte Perlage. Außerdem komplexere Aromen – Brioche, Hefe, Nuss. Das sind Nuancen, die man im Prosecco eher selten findet“, erläutert Schenk, die in einem Münchner Gourmet-Restaurant arbeitet.
- Der Crémant – deutlich günstiger als Champagner – stammt aus Regionen wie dem Elsass, dem Burgund oder der Gegend um die Loire. Die Vorschriften für seine Herstellung sind lockerer als beim Champagner. So darf der Druck in der Flasche niedriger sein, was den Crémant oft etwas weicher und milder macht.
- Der Champagner ist und bleibt der König unter den Schaumweinen. Im Idealfall ist er komplex, vielschichtig und man schmeckt Lage, Boden („Terroirs“) und die Handschrift des Winzers heraus.
- Deutscher Sekt wiederum ist eine Welt für sich: Vom einfachen Schaumwein bis zum handgerüttelten Winzersekt reicht das Spektrum, auch die Preisspanne ist groß.
Dann beginnt die Probe: neun Gläser, neun Geschmackswelten.
„Viele servieren Schaumwein zu kalt – dann schmeckt er aber nach nichts“
„Ein gutes Produkt perlt ruhig und gleichmäßig, fast hypnotisch“, so Lena Schenk. Danach folgt die Nase: Beim Prosecco dominieren oft florale Noten sowie Birne und Apfel. Crémant duftet zarter, manchmal nussig. Sekt und Champagner bringen Brioche, Hefe und Röstaromen mit – ein Zeichen für längere Lagerung auf der Hefe. Am Gaumen zählt die Balance. „Die Säure und die Frucht müssen harmonieren – das eine darf das andere nicht übertönen“, erklärt die Sommelière. „Der Schaum soll nicht aggressiv sein, sondern cremig und fein. Ein guter Champagner zeigt manchmal eine salzige Mineralität – das fasziniert mich immer wieder.“
Ein häufiger Fehler: die falsche Temperatur. „Viele servieren Schaumwein zu kalt – dann schmeckt er aber nach nichts.“ Ideal sind 8 bis 10 Grad für Champagner und Crémant sowie 6 bis 8 Grad für Prosecco und leichtere Sekte. „Grundsätzlich kann man sagen: Je hochwertiger der Wein, desto höher darf die Temperatur sein, so können sich die Aromen entfalten.“ Auch bei der Lagerung lohnt sich Sorgfalt: am besten kühl, dunkel, erschütterungsfrei und liegend, damit der Korken feucht bleibt. Ein guter Champagner kann über Jahre nach dem Kauf reifen, während ein einfacher Prosecco jung, also rasch getrunken werden sollte.
Was ist das Lieblings-Prickelgetränk der Wein-Expertin?
Beim Einschenken gilt: ruhig, am Glasrand entlang, um Schaumbildung zu vermeiden. Ein schmales, tulpenförmiges Champagnerglas ist besser als die flache Schale. Es bewahrt die Perlage und konzentriert die Aromen. „Das Schönste ist, wenn man einen Sekt blind probiert und überrascht wird“, sagt Schenk.
„Manche deutschen Winzersekte stehen einem Champagner in nichts nach.“ Entscheidend ist nicht die Bezeichnung, sondern Herkunft und Handwerk: Traditionelle Flaschengärung, Handrütteln und lange Hefelagerung ermöglichen Tiefe und Struktur – und haben auch ihren Preis.
Das Lieblings-Prickelgetränk der Wein-Expertin? Die Perlé-Edition vom Weingut Ferrari im Trentino, ein Sekt, der hervorragend zu leichten Vorspeisen, Fisch und Meeresfrüchten passt.
„Überhaupt ist Schaumwein Emotion im Glas“, schwärmt die Münchner Sommelière. „Er bringt Menschen zum Lächeln – ganz gleich, ob es ein großer Jahrgangs-Champagner oder ein kleiner Winzersekt ist. Wichtig ist, dass er mit großer Freude gemacht und mit viel Spaß getrunken wird. Ein guter Schaumwein darf nicht nur sinnlich perlen – er muss berühren.“
Welche Gläser sind die richtigen für Sekt und Champagner?
Champagner-Schale
- Aussehen: Breit, flach, großer Durchmesser
- Vorteile: Glamouröse Optik (Great-Gatsby-Feeling)
- Nachteile: Die Kohlensäure entweicht schnell, auch die Aromen verfliegen rasch
- Ideal für Showeffekte, Bowle oder Cocktail-Präsentationen – nicht für ernsthaften Champagnergenuss
Klassische Sektflöte
- Aussehen: Schmal, hoch, mit kleinem Kelch
- Vorteile: Hält die Kohlensäure lange. Die Bläschen steigen schön gleichmäßig auf, optisch ansprechend
- Nachteile: Wenig Oberfläche, die Aromen können sich kaum entfalten
- Ideal für frische, unkomplizierte Schaumweine wie Prosecco, einfacher Sekt oder Aperitifs
Champagner-Tulpe
- Aussehen: Schmaler Fuß, bauchige Mitte, sanft verjüngter Rand
- Vorteile: Vereint das Beste aus Flöte und Weißweinglas, gute Perlage, intensiver Duft
- Ideal für hochwertigen Champagner und komplexe Crémants. Diese Gläser holen alles aus dem Schaumwein heraus
Weißweinglas
- Aussehen: Leicht bauchig, etwas größer, nach oben verjüngt
- Vorteile: Mehr Raum für Aromen, die Geruchsnoten entfalten sich gut. Die Perlage bleibt trotzdem erhalten.
- Ideal für anspruchsvolle Crémants, Champagner, Winzersekte – besonders wenn man den Duft genießen möchte

