O'Zapft is! Pünktlich zum Start des Oktoberfests haben wir uns mit Wiesn-Wirtin Katharina Wiemes näher unterhalten.
Die Münchner Wiesn steht in den Startlöchern! Wir haben uns deshalb mit Wiesn-Wirtin Katharina Wiemes näher unterhalten.
Interview mit Wiesn-Wirtin Katharina Wiemes
Für Oktoberfest-Wirte wie Katharina Wiemes, 55, ist das alljährliche „Ozapft is‘“ der Startschuss für zwei sehr anstrengende Wochen. Doch wer glaubt, dass danach der große Urlaub wartet, der täuscht sich.

Das Cafe Mohrenkopf / ©Privat
„Die Wiesn!“ Katharina Wiemes strahlt und ihre Augen leuchten auf, wenn sie das Wort ausspricht: „Wiesn ist super!“ Und das, obwohl das größte Volksfest der Welt für sie doch vor allem Arbeit bedeutet. In rustikaler Jeans-Latzhose und im weißen Leinenhemd, die Ärmel hochgekrempelt, werkelt sie inmitten der bereits aufgestellten Holzfassaden ihres Café Mohrenkopf, einem der kleineren Zelte auf dem Oktoberfest. Ein Großteil der süß verspielten Innen-Deko hängt bereits, doch gibt es noch viel zu tun. Bis es dann im September wieder heißt: „Ozapft is‘!“
Gegründet wurde das Café Mohrenkopf 1950 von Katharina Wiemes‘ Großvater Paul, anfangs als einfaches Zelt auf der nackten Erde der Münchner Theresienwiese. Enkelin Katharina stieg 1980 bei Vater Wilhelm Wiemes ein. Seit 2008 führt sie das Konditorei-Zelt nun alleine. Bis heute ist es das einzige Café auf dem Oktoberfest mit eigener Backstube vor Ort.
Und darin wird ab dem 22. September wieder der traditionelle Mohrenkopf hergestellt, gut 500 Stück gehen hier während des Oktoberfestes täglich weg. Dieser Durchlauf ist auch nötig, damit sich die aufwändige Herstellung des Biskuitgebäcks mit fluffiger Schlagsahne zwischen den Hälften rentiert. Das Rezept – übrigens ohne Gelatine und Emulgatoren – stammt noch aus den 50er Jahren, auch das ist Tradition. Und an dem Namen hält Wiemes ebenfalls fest, selbst wenn „Mohrenkopf“ heute politisch als nicht mehr so ganz korrekt gilt. „Manchmal“, sagt sie, „muss man dem Zeitgeist trotzen.“

Naschereien vom Cafe Mohrenkopf / ©Privat
Oktoberfest – das ist kein 14-Tage-Job, sondern eine ganzjährige Vollzeittätigkeit. „Nach der Wiesn ist vor der Wiesn“, erläutert Wiemes. Auch wenn das Café Mohrenkopf zu den ältesten Wiesn-Zelten zählt, muss sich die Wirtin jedes Jahr neu um eine Konzession bewerben. Das wiederum bedeutet, dass sie nach den trubeligen Festwochen parallel zum Abbau bereits alle nötigen Bewerbungsunterlagen zusammenstellt für die kommende Saison. Alle Konzessionen werden jährlich neu vergeben, die Ausschreibung erfolgt – so will es Brüssel – EU-weit.
Wiemes hadert nicht damit: Auf diese Art kann sich zum einen kein Wiesn-Wirt auf seinen Erfolgen ausruhen, sondern muss investieren etwa in ökologische Weiterentwicklung. Zum anderen hat so das Oktoberfest-Komitee eine Hand darauf, dass der regionale Charakter des Festes erhalten bleibt: Wer ein Wiesn-Zelt haben oder behalten will, muss auch bei der Auswahl seiner Produkte, der Lieferanten und Handwerker die Stadt München und das Bundesland Bayern abbilden. „Sonst hätten wir hier schnell ein neues Disney World“, glaubt Wiemes.
Ob Wiesn-Wirtin ihr Traumberuf gewesen ist? Eine Frage, die weder sie sich noch der Vater ihr je gestellt hat, „es war immer klar: Entweder werde ich Wiesn-Wirtin – oder ich heirate einen Wiesn-Wirt“. Als vierte Generation steht nun bereits Katharina Wiemes‘ Sohn Nikolai, 29, in den Startlöchern. Doch hineinzwingen in den Familienbetrieb will sie ihn nicht. „Wenn er nicht mag, wäre das für mich auch okay“, sagt seine Mutter. Tradition hin oder her: Man muss auch loslassen können.