Objektiv wissen wir ja eigentlich ganz genau, was uns gut tut. Doch wieso fällt es uns dann oftmals so schwer, uns diszipliniert daran zu halten? Ein simpler Trick kann helfen.

Jeannette Deschler

Was passiert, wenn ich einem Kind etwas verbiete? Die Gedanken kreisen und kreisen und kreisen und hoppla. Mit einiger Wahrscheinlichkeit sind die kleinen Händchen am Werk.

Nicht ganz unähnlich ist es mit Regeln, die wir uns selbst auferlegen:

  • Ich darf keine Schokolade essen.
  • Zigaretten sind ungesund.
  • Die Pause darf ich erst machen, wenn meine Liste abgearbeitet ist.
  • Ich muss viel Gemüse essen.

Die Liste an Dingen, die wir nicht tun dürfen ist lang und ließe sich wahrscheinlich endlos fortsetzen. Schnell passiert es dann, dass wir anstelle eines Apfels in einen Schokoriegel beißen, den ganzen Tag keine Pause einlegen und sich zu einem Gläschen Wein ein zweites dazu gesellt.

Doch was passiert da eigentlich?

Wieso fällt es uns oftmals so schwer, unsere eigenen Regeln einzuhalten?

Dass uns Verbote häufig attraktiv erscheinen, liegt zum einen am Prinzip der Reaktanz. Fühlen wir uns in unserer Freiheit eingeschränkt, tendieren wir dazu Regeln zu brechen.

Zum anderen liegt es häufig schlicht an einer körperlichen Reaktion, nämlich dann, wenn der Körper einfordert, was er braucht. Die Gedanken kreisen nur noch um das Stück Schokolade, das wir nicht haben dürfen. Was wir eigentlich vermeiden wollen, ist dann unvermeidlich. Oft übertreiben wir es in solchen Momenten und essen weit über unsere Sättigungsgrenze hinaus. Wir beginnen zu „bunkern“, um uns für die nächste Hungerphase zu wappnen. Es folgen Selbstvorwürfe und Gewissensbisse sowie Vorsätze, die wir ab jetzt noch radikaler umzusetzen versuchen. Es beginnt ein Teufelskreis, der uns unglücklich und unzufrieden macht.

Nicht zuletzt ist unser Gehirn vor allem auf zwei Dinge gepolt: Sicherheit und Wohlbefinden. Unser Verstand wird also immer versuchen „uns auszutricksen“, wenn wir etwas Neues ausprobieren. Aus der Komfortzone zu treten, um beispielsweise das Rauchen aufzuhören, einen ungeliebten Job zu kündigen, seine Ernährung umzustellen oder auf Plastik zu verzichten ist weder „sicher“, denn wir wissen nicht genau, ob und wie es funktioniert. Noch fördert es unser Wohlbefinden, denn natürlich müssen wir in Veränderungsprozessen über uns hinauswachsen – was oft mit einiger Anstrengung verbunden ist. Es gilt also, sich nicht austricksen zu lassen, sondern sich zu sagen: „Ja, ich weiß, dass ist Neuland für mich und vielleicht auch erst einmal mit Unannehmlichkeiten verbunden. Aber ich möchte es trotzdem tun, weil es auf lange Sicht gut für mich ist.“

Ein Fachbegriff, der hier ebenfalls oft genannt wird, ist der „Blindwiderstand“. Dahinter verbirgt sich jenes Phänomen, dass zur Folge hat, dass wir auf einmal ein großes Verlangen nach etwas verspüren, gerade weil es verboten ist. In Zeiten von Corona ertappt sich vielleicht der eine oder andere dabei, dass er unbedingt einen Tanzkurs machen will, in die Berge fahren möchte oder ein bestimmtes Teil unbedingt jetzt braucht – nämlich genau aus jenem Grund, weil man es im Moment nicht haben kann.

Aber sind wir dem nun hilflos ausgeliefert? Nein, das sind wir nicht:

Was können wir dagegen tun?

Die erste und wichtigste Regel lautet:

1. Nichts ist verboten.

Wir wissen nun, dass der Reiz durch Verbote nur umso süßer wird. Alles ist also – in Maßen – erlaubt.

Denn was dann in unserem Kopf passiert, ist folgendes: die Schokolade wird nicht mehr zum übermächtigen Belohnungssymbol. Alles rückt wieder an seinen Platz und erhält einen normalen Stellenwert. Es fällt dann leichter, schon nach einem Rippchen zufrieden zu sein oder zu sagen: Nein, heute möchte ich nicht.

2. Finden Sie einen Ersatz

Besser als das ewige (und unbefriedigende) „Ich darf das nicht“ und „Ich soll das nicht“ ist folgender Satz:

Ich darf das – aber ich möchte im Moment nicht.

Was nach Wortklauberei klingt, hat eine magische Wirkung, denn der Fokus wird gerade gerückt: Ich verbiete mir nichts mehr und bin streng zu mir und meinen Gelüsten. Vielmehr handle ich nun für mich und meine Gesundheit und drücke dadurch Wertschätzung gegenüber meiner eigenen Person aus.

Und finden Sie wirklich einen schönen Ersatz. Den Feierabend kann man auch mit einer herrlichen Tasse Tee oder einem leckeren Infused Water einleiten. Und anstelle einer Pralinenschachtel schmeckt vielleicht eine dunkle Schokolade oder eine Handvoll Nüsse?

3. Seien Sie geduldig und lernen Sie sich kennen:

Wieso meinen Sie, keine Pause zu verdienen? Wieso denken Sie, Sie sind nicht sportlich oder fähig, sich gesund zu ernähren? Und wieso greifen Sie gerade immer in jener Situation ins Süßigkeiten-Fach?

Üben Sie sich in Achtsamkeit, decken und lösen Sie negative Glaubenssätze auf (bspw. „Ich kann ja eh nicht abnehmen„) – und zeigen Sie Mitgefühl mit sich selbst, wenn eine schlechte Gewohnheit doch noch einmal die Oberhand gewonnen hat.

Denn: Alles ist erlaubt.