Radfahren, Tanzen, Golfen? Alles gut für Gelenke und Muskeln. Doch das Gehirn wird erst so richtig leistungsfähig durch neuronales Training, kurz: Neuro-Athletik.

Mit gezielten Bewegungen, die nicht alltäglich sind, lassen sich so Körper UND Gehirn aktivieren. Neurologen und Sportwissenschaftler haben nun ein neues Ziel: fit bis 100!

Ein Kreuzworträtsel zu lösen gilt als gutes Training für das Gehirn. Doch noch viel besser sei es, einen Fuß auf ein wackeliges Holzbrett zu stellen und darauf zu balancieren oder einen Fuß vor den anderen zu setzen und mit geschlossenen Augen einen Zungenbrecher aufzusagen, sagt Michael Schiff. Der Sport-Coach ist spezialisiert auf neuronales Training.

Wer die Muskeln stärkt, stärkt auch das Gehirn

Bei dieser neuen Methode geht es nicht vorrangig ums Stärken von Muskeln, sondern um das Stärken von Nervenbahnen. Besonders jene im Gehirn bzw. jene, die Gehirn und Muskeln verbinden. So wird durch gezielte Bewegungen, die die volle Konzentration benötigen, sowohl die Aufnahme von Informationen und deren Weiterleitung an das zentrale Nervensystem (Gehirn, Rückenmark) trainiert, als auch das Ansteuern und die daraus folgende Anspannung der Muskeln. Dadurch verbessert sich die geistige und auch körperliche Leistungsfähigkeit.
 

 
Es ist der Versuch, Erkenntnisse der Sportwissenschaften mit denen der Neurologie zu verbinden. Der Mensch bewegt sich nicht durch Muskeln, Bänder und Sehnen allein – erst das Nervensystem bringt Schwung in die Sache. Sport-Wissenschaftler Lars Lienhard trainiert mit Neuro-Athletik vor allem Spitzensportler: Da wird zum Beispiel der Oberschenkelnerv dadurch gedehnt, dass bei Übungen das „Kippen“ des Beckens trainiert wird. Oder man muss eine liegende Acht laufen, während man mit den Augen ein seitliches Ziel fixiert. Oder es wird beim Laufen ein Stab mit den Augen verfolgt, der bis zur Nasenwurzel herangezogen wird („Augenliegestütz“). Übungen wie diese sollen bewirken, dass das Gehirn künftig mit mehr und neuen Informationen versorgt wird und dadurch Bewegungen wieder sorgfältiger ausgeführt werden.

Neuronales Training kann Stürzen vorbeugen

Doch die Neuro-Athletik hilft nicht nur Spitzensportlern – auch Ältere profitieren davon, die ihre Fitness erhalten wollen, um z. B. gezielt Stürzen vorzubeugen oder um nach einer OP schneller wieder auf die Beine zu kommen. Aktuell werden die genauen Auswirkungen von Neuro-Athletik in einer großen Studie an der Universität Freiburg erforscht.