Moderne Medikamente helfen beim Abnehmen, schützen das Herz und schenken mehr Lebensqualität - plus hat sich über die neuen Mittel gegen Diabetes informiert.

Mehr als sechs Millionen Deutsche haben die Zuckerkrankheit Diabetes. 95 Prozent davon Typ 2. Diabetes erhöht das Risiko von Herzinfarkt, Schlaganfall und Nervenschäden. Häufig auftretende Symptome sind schlecht heilende Wunden, Müdigkeit, Durstgefühl, ein starker Harndrang und trockene Haut.

Das plus Magazin hat die wichtigsten Tipps und Informationen für Sie gesammelt.

So läuft die stufenweise Behandlung bei Diabetes ab

Diabetes ist eine lebenslange Erkrankung, die eine individuelle Therapie erfordert. Nach einer Typ-2-Diagnose gehen Ärzte daher schrittweise vor. Dabei orientieren sie sich an einem Stufenschema aus den Leitlinien:

  1. Die erste Stufe (Basistherapie) setzt für drei bis sechs Monate auf eine Umstellung des Lebensstils ohne Tabletten oder Spritzen. Erst, wenn der Blutzucker-Langzeitwert HbA1c nicht stark genug sinkt, kommen Medikamente ins Spiel.
  2. In der zweiten Stufe wird der Wirkstoff Metformin für drei bis sechs Monate verschrieben. Bessert sich der Zustand auch nach dieser Zeit nicht, startet die individuelle medikamentöse Therapie.
  3. In der letzten Stufe werden zwei oder drei Präparate vorteilhaft kombiniert, meist kommt Insulin hinzu. Es geht allerdings darum, Insulin nach Möglichkeit zu vermeiden, da es Übergewicht, also die Hauptursache für Diabetes Typ 2, steigert.

Das können Sie fernab von Medikamenten tun

Achten Sie auf Ihren Blutzucker

Ein zu hoher Blutzucker ist oft Auslöser der chronischen Stoffwechselstörung. Auf diese drei Werte sollten Sie achten:

  • Nüchternzucker-Wert: Liegt er im Bereich unter 100 mg/dl kann das bereits ein Warnzeichen für Diabetes sein. Die einmalige Messung des Nüchternzuckers ist nur dann wirklich aussagekräftig, wenn der Wert viel zu hoch ist. Wer­den wiederholt Werte über 125 mg/dl gemessen, ist die Diagno­se Diabetes eindeutig. Liegt er aber knapp darunter, kann den­noch eine folgenschwere Störung des Zuckerstoffwechsels vorliegen.
  • 2 Stunden nach dem Essen: Zu diesem Zeitpunkt sollte der Blutzuckerwert unter 140 mg/dl sein. Ansonsten kann ein versteckter Diabetes vorliegen.
  • Langzeit-Wert: Der HbA1c­-Wert sollte unter 6,5 sein. Wichtig: Der Wert sagt lediglich etwas über den Durchschnitts­wert des Blutzuckers in den ver­gangenen drei Monaten aus. Das bedeutet nicht, dass der Blutzucker nicht immer wieder auch in gefährliche Höhen schnellt. Grund dafür ist meist eine schlechte Insulin­-Empfindlich­keit des Körpers. Insulin ist ein Botenstoff, der in der Bauchspeicheldrüse produziert wird und die Aufgabe hat, den Blutzucker dorthin zu brin­gen, wo der Körper ihn braucht, nämlich als Energie in die Zel­len.

Bauchumfang und Bewegung im Blick haben

Auch der Lebensstil beeinflusst das Risiko, an Diabetes zu erkranken. Darauf kommt es ganz besonders an:

  • Körperumfang: Besonders das Fett um Bauch und Taille erhöht das Risiko, an Diabetes zu erkranken, denn es produziert Botenstoffe und setzt schädliche Stoffwechselprozesse in Gang. Bei Männern sollten es nicht mehr als 94 Zentimeter Bauchumfang sein, bei Frauen maximal 80 Zentimeter.
  • Bewegung: Mindestens fünf Stunden körperliche Aktivität pro Woche sind erforderlich, um Übergewicht entgegenzusteuern. Moderater Sport verbessert zudem die Wirkung des Insulins im Körper.
  • Rauchen: Nikotin begünstigt Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen – aber auch Diabetes. Auf rauchfrei-info.de gibt es Informationen für einen erfolgreichen Rauchstopp.

Gesundes Essen statt Pille

Ein gesünderer Lebensstil ist die erste Therapie, die Ärzte nach der Diagnose Typ-2-Diabetes verschreiben. Hier die wichtigsten Tipps aus der Leitlinie zu einer besseren Ernährung:

  • Ballaststoffreiches wie Gemüse, frisches Obst und Vollkornprodukte gehören jeden Tag auf den Teller.
  • Pflanzliche Fette wie Öle, Nüsse und Samen sowie Fisch sollten Sie regelmäßig essen.
  • Fleisch, Wurstwaren und Käse in Maßen genießen und am besten auf magere Varianten zurückgreifen. Achtung: starker Konsum fördert Diabetes Typ 2.
  • Fertigprodukte, Backwaren und Süßigkeiten sollten genauso wie große Mengen an Fruchtzucker und Haushaltszucker gemieden werden. A
  • 10 – 20 Prozent der Tagesenergie sollten aus Eiweiß stammen. Bei Nierenschäden raten Ärzte zu 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht.

Nach neueren Studien ist Diabetes Typ 2 sehr wahrscheinlich heilbar: Ab einer Gewichtsreduktion von über 15 Kilogramm liegt die Heilungsrate bei 86 Prozent. Ernährungstherapien werden allerdings noch nicht von allen Diabetesschwerpunktpraxen angeboten. Mehr Informationen finden Sie unter: www.bdem.de

Das sind die neuen Präparate

Die wichtigsten Blutzucker-Senker

Wenn eine Lebensstiländerung alleine nicht hilft, profitieren Personen mit Typ-2-Diabetes von Medikamenten. Die neuen Präparate erhöhen nicht in erster Linie die Produktion von Insulin (wie Sulfonylharnstoffe und Glinide) oder die Empfindlichkeit auf selbiges (wie Metformin und Glitazone). Stattdessen werden sie an anderen Wirkorten aktiv und lenken so den Blick auf Abläufe im Körper, die neben der Bauchspeicheldrüse mit an der Blutzuckerregulation beteiligt sind.

Eine Übersicht über die modernen Medikamente und ihre Wirkstoffe:

Biguanide

So wirken Sie: Diese Medikamenten-Gruppe lässt das Insulin, das den Blutzucker senkt, wieder besser wirken. Zu den Biguaniden-Präparaten zählt der Wirkstoff Metformin mit einer dreifachen Wirkung: In Tablettenform verzögert er die Aufnahme von Kohlenhydraten im Darm (Appetitzügler), drosselt die Zuckerproduktion in der Leber und lässt die Zellen besser auf Insulin ansprechen. Durch Metformin siedeln sich zudem vermehrt blutzuckersenkende Bakterien im Magen-Darm-Trakt an.

Besonders gut für: Übergewichtige und jene, die ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle haben.

Nachteile: Personen mit Nierenprobleme sollten Metformin nur nach Absprache mit dem Arzt einnehmen. Mögliche Nebenwirkungen sind Magen-Darm-Beschwerden wie Durchfall und ein sinkender Vitamin B-12-Spiegel.

SGLT-2-Hemmer

So wirken Sie: SGLT-2 ist ein Eiweißstoff in den Nieren, der verhindert, dass Glukose mit dem Urin verlorengeht. Die gleichnamigen Hemmer sorgen für das Gegenteil und zwar, dass vermehrt Zucker über die Nieren und den Urin ausgespült wird. Zur Gruppe der Hemmer gehören die Wirkstoffe Empagliflozin und Dapagliflozin. Immer mehr Studien weisen darauf hin, dass SGLT-2-Hemmer zudem das Herz schützen und beim Abnehmen helfen. Denn das Präparat in Tablettenform hilft dabei, dass mit dem vielen Zucker auch die Kalorien aus dem Körper gespült werden – das lässt auch den Blutdruck sinken.

Besonders gut für: Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder leichtem Übergewichtig, denn diesen helfen SGLT-2-Hemmer besonders gut.

Nachteil: Eine mögliche Nebenwirkung bei etwa zehn Prozent der Frauen und fünf Prozent der Männer, die das Medikament einnehmen, sind Harnwegsinfekte, weil sich wegen des zuckerhaltigen Urins leichter Erreger im Intimbereich ansiedeln können.

GLP-1-Analoga

So wirken Sie: GLP-1 ist ein bestimmtes Darmhormon (Inkretin), das die Freisetzung von Insulin aus der Bauchspeicheldrüse ankurbelt. Erst seit Kurzem weiß man, dass der Blutzuckerspiegel nicht alleine durch die Bauchspeicheldrüse, sondern auch über Darmhormone gesteuert wird. Zur Gruppe der GLP-1-Analoga gehören die Wirkstoffe Exenatid, Liraglutid, Dulaglutid und Albiglutid. Das Medikament muss gespritzt werden. Die positiven Effekte neben einer Blutzuckersenkung sind die Blockierung der Neubildung von Zucker in der Leber, die Reduktion von Blutdruck und Cholesterin und die Steigerung des Sättigungsgefühls. Der Wirkstoff Liraglutid schützt außerdem das Herz und die Niere. Eine Unterzuckerung ist nicht möglich, weil die Substanz nur wirkt, solange zu viel Zucker im Blut ist.

Besonders gut für: Den größten Erfolg mit GLP-1-Analoga haben adipöse Typ-2-Diabetiker mit einem Body-Mass-Index (BMI) von über 30. Gewichtsreduktion bis zu 10 Kilogramm sind im Jahr möglich.

Nachteile:  Nebenwirkungen können anfangs eine leichte Übelkeit sein, teils auch Erbrechen.

DPP-4-Hemmer

So wirken Sie: Das Enzym DPP-4 ist im Körper dafür zuständig, das Darmhormon GLP-1 abzubauen, das beim Essen die Freisetzung von Insulin anregt. DPP-4-Hemmer sorgen dafür, dass das gleichnamige Enzym blockiert wird und so der Botenstoff GLP-1 länger aktiv bleiben kann. Als Folge davon arbeitet die Bauchspeicheldrüse länger und stärker als üblich. Das senkt den Blutzucker ohne die Gefahr einer Unterzuckerung oder Gewichtszunahme. Die DPP-4-Hemmer sind zudem gut verträglich bei Nierenschäden (von Insuffizienz bis Dialyse). Zu den Wirkstoffen zählen Saxagliptin und Sitagliptin. Neuen Studien zufolge sollen DPP-4-Hemmer, wie auch die GLP-1-Analoga, die Funktion der insulinproduzierenden Betazellen in der Bauchspeicheldrüse verbessern können – ein Verlust der Insulinproduktion im Laufe der Jahre ließe sich so rein hypothetisch hinauszögern.

Besonders gut für:  ältere Personen mit Typ-2-Diabetes. Diese profitieren von DPP-4-Hemmer, weil die Tabletten besonders gut verträglich sind. Mehr noch: Das Medikament gleicht teilweise sogar Nebenwirkungen (etwa Durchfall) von Metformin aus, wenn beide Substanzen miteinander kombiniert werden.

Nachteil: In Japan sind DPP-4-Hemmer bereits als Wochenpräparat zugelassen, hierzulande muss man sie noch täglich einnehmen.

 

*fachliche Beratung: Dr. Matthias Riedl, Facharzt für Innere Medizin, Diabetologie und Ernährungsmedizin (www.medicum-hamburg.de)