Pollen können die Immunabwehr der Schleimhäute hemmen, das haben Studien bereits gezeigt. Steigt also bei starkem Pollenflug das Risiko, sich mit Covid-19 zu infizieren?

Fliegen viele Pollen in der Luft, steigt das Risiko, sich mit Covid-19 zu infizieren: Zu diesem Ergebnis kamen nun deutsche Wissenschaftler. Was das genau für den nächsten Spaziergang oder die Laufrunde bedeutet, beantwortet die Umweltmedizinerin Prof. Claudia Traidl-Hoffmann von der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg.

Wie hängt der Pollenflug mit einer Corona-Ansteckung zusammen?

Traidl-Hoffmann: Pollen können die körpereigene Immunabwehr der Schleimhäute hemmen, das haben frühere Studien bereits gezeigt. Nun stellten wir mit aufwendigen mathematischen Berechnungen fest, dass eine erhöhte Konzentration von Pollen in der Luft mit steigenden Corona-Infektionen einhergeht. Dies ist in 51 Ländern auf fünf Kontinenten der Fall. Dabei scheint es vor allem der starke Pollenflug im Frühjahr zu sein, der die Ansteckung mit antreibt.

Wer ist gefährdet? Nur Allergiker?

Traidl-Hoffmann: Nein, das gilt für alle Menschen. Bereits 2019 führten wir eine groß angelegte Studie zusammen mit dem Helmholtz Zentrum München mit 20 000 Teilnehmern durch, darunter auch welche ohne Allergien. Das Ergebnis war bei beiden Gruppe gleich: Sobald Pollen mit der Schleimhaut in Kontakt traten, wurde der körpereigene Schutzschild löchrig. Das bedeutet: Pollen hemmen unsere natürliche Abwehr – und Viren haben leichteres Spiel.

Gilt das auch für Bakterien?

Traidl-Hoffmann: Das untersuchen wir derzeit intensiv. Generell nehmen wir aber an, dass es nur eine Verbindung gibt zwischen gesteigertem Pollenflug und einem erhöhten viralen Infektionsrisiko. Ein sehr spannendes Feld, zu dem ich seit 2001 forsche und das zeigt, wie komplex sich Umwelteinflüsse auf den Menschen und die Gesundheit auswirken können.

Können denn nur bestimmte Pollen die körpereigene Abwehr schwächen?

Traidl-Hoffmann: Leider nein. Alle Arten von Pollen können die Nasenschleimhäute angreifen, das haben unsere Untersuchungen gezeigt. Jede Art birgt also ein gewisses Risiko-Potential in sich. Egal, ob Esche oder Haselnuss.

Wie schütze ich mich? Soll ich nun nicht mehr nach draußen gehen?

Traidl-Hoffmann: Das wäre eine falsche Schlussfolgerung, schließlich tut frische Luft dem Körper gut und Bewegung ist wichtig, um sich fit zu halten. Aber: Sie sollten aktuell am besten täglich die Meldungen des Deutschen Polleninformationsdienstes abrufen, um zu schauen, wie hoch die Konzentration in der Luft ist. Bei einer hohen Pollen-Belastung ist es durchaus sinnvoll, auch draußen eine FFP2-Maske zu tragen und zu bestimmten Tageszeiten weniger lange und seltener zu lüften.
Weiter Infos unter www.pollenstiftung.de

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