Soll ich mich ein viertes Mal gegen Corona impfen lassen? Kommt im Herbst angepasster Impfstoff? Und wie lange schützt eine Infektion? Antworten von Virologe Dr. Martin Stürmer.
Bisher galt die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO), dass alle Menschen über 70 Jahren eine vierte Impfung erhalten sollen, um sich vor einem schweren Covid-19-Verlauf zu schützen. Künftig will auch die STIKO allen Personen ab 60 Jahren zu einer vierten Impfung raten. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sowie die EU-Kommission vertreten dies schon länger.
Herr Dr. Stürmer, was ist Ihre Meinung?
STÜRMER: Die Empfehlungen der STIKO und der EU gehen etwas auseinander, allerdings befürworte ich auch, dass alle Menschen ab 60 Jahren sich ein viertes Mal impfen lassen sollten.
Aber besser mit einem Impfstoff, der an die aktuellen Varianten angepasst ist?
Liegt die letzte Impfung deutlich mehr als 3 Monate zurück, würde ich jetzt schon eine zweite Boosterung empfehlen – auch ohne angepassten Impfstoff. Um das Risiko für einen schweren Verlauf weiter zu reduzieren. Diese Empfehlung gilt auch für Menschen unter 60 Jahre, sofern sie durch bestimmte Grunderkrankungen ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Hier kann der Abstand zur vorigen Impfung auch kürzer sein.
Diese Einschätzung teilt Gesundheits-Experte Arne Weinberg von der Verbraucherzentrale NRW: Ein Warten auf angepasste Impfstoffe wird von Fachleuten für Risikogruppen nicht empfohlen. Es ist noch nicht klar, wann die Impfstoffe der nächsten Generation flächendeckend verfügbar sein werden. Außerdem lässt der Schutz gegen die Omikron-Variante durch die dritte Impfung nach aktueller Datenlage innerhalb weniger Monate nach.
Brauchen Menschen unter 60 überhaupt eine vierte Impfung?
STÜRMER: Bei jüngeren Menschen ohne erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf reicht es meines Erachtens aus, bis zum Herbst mit der zweiten Boosterung zu warten. Bis dahin sind die an Omikron angepassten Impfstoffe hoffentlich zugelassen, so dass wir durch eine breite Impfkampagne mit möglichst wenig restriktiven Maßnahmen durch die kalte Jahreszeit kommen werden. Vermutlich sind wir auch dann nicht absolut vor Infektionen geschützt, aber vermutlich besser, als mit den bisherigen Impfstoffen. Und der Schutz vor schweren Verläufen ist gegeben.
Ersetzt eine gerade überstandene Infektion eine Impfung?
STÜRMER: Ja. Meiner Meinung nach sollte man Infektion und Impfung gleichsetzen.
Wie lange bin ich durch eine Infektion vor einer Neu-Ansteckung geschützt?
STÜRMER: Eine Re-Infektion mit derselben Variante ist relativ unwahrscheinlich. Ob ich mich durch den Kontakt mit einer anderen Variante anstecke, hängt sehr davon ab, wie unterschiedlich diese ist.
Wie lange sollte ich nach einer Infektion bis zur nächsten Impfung warten?
STÜRMER: Man sollte den von der STIKO empfohlenen Abstand von drei Monaten einhalten. Je nach persönlicher Situation kann man natürlich auch länger mit der vierten Impfung warten.
Stand: 28. Juli 2022
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