Fenchel stärkt Nerven, Verdauung und die Abwehrkräfte – und macht sogar gute Laune. Höchste Zeit, ihn (wieder) zu entdecken.

Elisabeth Bauer
Mit der Gesundheit ist es ein bisschen wie mit der Liebe – sie geht durch den Magen. Doch bei den gesündesten Lebensmitteln denkt selten einer an den Fenchel. Dabei ist er rund um die Welt für seine Wirkung bekannt – und das schon seit Jahrtausenden.
Im antiken Griechenland war Fenchel (Foeniculum vulgare) der Star unter den Gemüsesorten: Die ersten olympischen Athleten aßen seine Samen, um ihre Ausdauer zu steigern. Die heilige Hildegard von Bingen, Pionierin auf dem Gebiet der Naturheilkunde, empfahl, ihn am besten täglich zu essen. Die Ordensfrau verabreichte ihn als Stimmungsaufheller und lobte das Gemüse als „Zaubermittel für Frohsinn, frischen Atem und gute Verdauung“.
Mit Fett zubereiten
Tatsächlich steckt der Fenchel von der Knolle bis zur Blüte voller Heilkräfte – das macht ihn auch für Ärzte interessant. „Das Besondere am Fenchel ist seine hohe Nährstoffdichte“, sagt Dr. Matthias Riedl, Ernährungsmediziner und ärztlicher Leiter des Medicums Hamburg. Zu den Vitalstoffen, die uns der Fenchel mit jedem Bissen liefert, gehören die Vitamine A, K und E – wichtig für Augen, Muskeln und Immunsystem. „Den Fenchel immer mit Öl zubereiten, dann kann der Körper die fettlöslichen Vitamine besser aufnehmen“, rät Dr. Riedl.
Besonders beliebt ist Fenchel seit jeher in der mediterranen Küche, zum Beispiel gratiniert oder fein geschnitten als Carpaccio. „So mögen mein Mann und ich Fenchel am liebsten“, sagt die Ernährungsmedizinerin Dr. Petra Bracht aus Bad Homburg. Ihre Lieblingsvorspeise ist in fünf Minuten fertig: Dafür wird die Fenchelknolle roh in dünne Scheiben geschnitten und mit Orangenfilets, Salz, Pfeffer und einem Schuss Olivenöl verfeinert. So bleibt auch das hitzeempfindliche Vitamin C unversehrt – und davon enthält der Fenchel reichlich.
Das Vitamin ist besonders in der kalten Jahreszeit wichtig, denn es unterstützt die Abwehrkräfte im Kampf gegen die Viren. Wen die Erkältung trotzdem erwischt hat, dem hilft der Fenchel dank seiner schleimlösenden Wirkung, schneller gesund zu werden. „Gerade bei Entzündungen von Hals und Rachen lindert Fenchel die Beschwerden“, erläutert Dr. Riedl.
Gut für die Figur
Bei Dr. Petra Bracht kommt der Fenchel im Herbst sogar drei- bis viermal die Woche auf den Tisch: „Ich liebe den Geschmack und schätze Fenchel als Heilgemüse. Seine Wirkung auf den Körper ist einfach faszinierend.“ Insbesondere wer unter Stress oder hohem Blutdruck leidet, sollte ihn regelmäßig essen. Denn dank seines hohen Anteils an Kalium senkt er auf natürliche Weise den Blutdruck.
Die im Fenchel enthaltenen B-Vitamine beruhigen zudem die Nerven. Und gut zur Figur ist er gleich dreifach: Er wirkt sanft entwässernd, enthält appetitzügelnde Stoffe und nur ungefähr 20 Kalorien pro 100 Gramm. Auch die positive Wirkung aufs Gemüt, von der Hildegard von Bingen berichtete, lässt sich erklären. Schließlich hängen Niedergeschlagenheit, Gereiztheit und Schlafstörungen oft mit einem Mangel an Serotonin zusammen. „Es gibt Hinweise darauf, dass Fenchel die Produktion des Glückshormons Serotonin anregt“, sagt Dr. Matthias Riedl.
Kraft durch ätherische Öle
Seine herausragende Stellung in der Ernährungsmedizin verdankt der Fenchel aber den ätherischen Ölen, die ihm sein besonderes Aroma verleihen: Anethol, Menthol und Fenchon. Alle drei schenken der Knolle Superkräfte, denn sie wirken krampflösend, verdauungsfördernd, antibakteriell und entzündungshemmend. Gleichzeitig sorgen die ätherischen Öle für einen guten Atem. Bekannt geworden ist der Fenchel aber vor allem als Hausmittel bei Halsschmerzen, Blähungen, Völlegefühl und Bauchschmerzen. Seit Generationen ist Fencheltee das erste Getränk, das Babys zu trinken bekommen, wenn das Bäuchlein zwickt. „Seine entspannende Wirkung können wir uns in vielerlei Hinsicht zunutze machen“, betont Dr. Petra Bracht. So hilft ein Fenchelaufguss nicht nur bei Magen-Darm-Beschwerden, sondern auch bei verspannten Muskeln. Dafür einfach in Fencheltee getränkte Wickel auf die schmerzende Stelle legen. So ein Wickel ist übrigens auch ein wirksames Schönheitsmittel bei zu trockener Haut.
Der entspannenden Wirkung der ätherischen Öle ist es zu verdanken, dass der Fenchel die Speisen nicht nur verfeinert, sondern dazu beiträgt, sie besser zu verdauen. Wer ihn bisher wegen seines würzig-süßen, anisartigen Geschmacks gemieden hat, sollte ihm unbedingt eine zweite Chance geben. „Für viele Menschen ist das Aroma erst mal zu intensiv. Dann braucht es einfach ein paar Versuche, um sich auf die neue Geschmackserfahrung einzulassen“, empfiehlt Dr. Riedl. Schließlich ist Fenchel ein echter Verwandlungskünstler, der sich gebacken, gebraten, geschmort oder gekocht genauso wunderbar genießen lässt wie etwa zu Fisch oder Geflügel. Nur eines sollte man besser nicht: ihn unterschätzen.